Historische Kulturwanderung der "Buntspechte" - über Stock und Stein stumme Zeitzeugen ergründet - wertvolle Informationen über Heimatgeschichte
Vor etwa hundert Jahren fuhr mehrmals täglich eine Bahn von der Wegscheide über Lettgenbrunn bis in den Mienenwerfergrund bei Pfaffenhausen. Sie sollte den riesigen Truppenübungsplatz bei Lettgenbrunn mit Munition versorgen.
Der Wanderverein „Die Buntspechte“ bot erneut eine geführte Kulturwanderung auf dem zweiten Teil der Strecke an, nachdem die Begehung des ersten Abschnitts im vergangenen Jahr im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten zum 700-jährigen Bestehen von Lettgenbrunn und Villbach auf sehr große Resonanz gestoßen war. Dieses Mal führte die Tour zur Kirschblütenzeit bei herrlichem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen von der Wegscheide nach Bad Orb. Unterwegs informierte Geschichtsexperte und Heimatforscher Holger Heinemann die Teilnehmer über die Historie der Kleinbahn und machte auf eindeutige Militärspuren aufmerksam, die von Laien auf den ersten Blick gewöhnlich nicht als solche wahrgenommen werden. Die Gruppe unternahm auch einen kurzen Abstecher zum Friedhof, wo mehr als 30 Gräber an die Heimatvertriebenen und Flüchtlinge erinnern, die nach dem Zweiten Weltkrieg im Gefangenenlager auf der Wegscheide ums Leben gekommen sind. Viel Teilnehmer gestanden, dass die die Gedenkstätte vorher noch nie besucht hatten.
Für die Kleinbahn waren einst Dämme errichtet worden und kerzengerade führen heute noch Wanderwege über steile Abhänge. Eindeutige Beweise für den ehemaligen Bahntrassenverlauf, der jedoch bis heute noch nicht lückenlos aufgeklärt ist. "Dabei ist es gar nicht so wichtig, wo genau die Strecke verlief, sondern warum sie gebaut wurde", erklärte Heinemann. Auch Brücken und Tunnels sind stumme Zeitzeugen, wie zum Beispiel das Tränenbrückchen, an dessen Existenz allerdings nur noch ein Schild erinnert. Über die Bedeutung des Namens ist man heute noch unterschiedlicher Überzeugung. Heinemann zeigte an verschiedenen Stellen historisches Bildmaterial und Silke Mühl las eine Textpassage aus dem Buch „Bad Orber Kleinbahn“ von Reinhold Winter und Joachim Volz. Ein Gedenkkreuz erinnert heute in der Haselstraße in Bad Orb an einen tragischen Unfall, der sich damals mit der militärischen Kleinbahn ereignet hatte. Letzte Station war der Bahnhof, an dem die Gleise enden, die einst in die Haselstraße führten. Im Anschluss an die historische Wanderung hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, sich auf dem Bad Orber Ostermarkt zu stärken.
Text und Fotos von Birgit Sinsel