2016_04_08 Alte Schmiede in Oberndorf: Heimatgeschichte zum Anfassen

Zustand wie beim letzten Hammerschlag - Ein Lehrbub erinnert sich – Kulturgut in der Martinusstraße

Vor zwölf Jahren feierte Oberndorf sein 600-jähriges Bestehen. Damals gewährten die Besitzer einen Einblick in die Werkstatt der alten Schmiede in der Martinusstraße in Oberndorf. Dieser Tage nun konnten der Gesprächskreis Heimatgeschichte und einige interessierte Besucher ebenfalls die rußgeschwärzte Arbeitsstätte in Augenschein nehmen.

Kettenknebel, Anbindering, Schlotschieber und Feuerzangen, die alten Gerätschaften lagen noch wie einst am Jubiläumstag parat. „Alles, wie es früher war“, steht da auf einem der Hinweisschildchen. Geändert haben sich inzwischen aber die Besitzverhältnisse des Anwesens. Andreas Harnischfeger, ein in Ortspolitik und Vereinswesen engagierter Oberndorfer, hat das älteste Haus des Ortes samt der alten Schmiede vor ein paar Jahren gekauft. Inzwischen wunderbar restauriert ist das alte Fachwerkensemble aus dem Jahre 1759 zum wahren Schmuckstück in der ältesten Dorfstraße von Oberndorf geworden. Die alte Schmiede hat Harnischfeger übrigens in ihrem Urzustand belassen. „Es soll erst einmal alles so bleiben, wie es ist“, erklärt Harnischfeger. Die Oberndorfer wird dies sicherlich freuen, denn so bleibt die alte Dorfschmiede als kleines Kulturgut eines der der ältesten Handwerke überhaupt erhalten. Bis zu ihrem letzten Hammerschlag, Mitte der sechziger Jahre existierte die Werkstatt in der Martinusstraße. Beim Inspizieren der alten Räumlichkeiten fühlt man sich unweigerlich in die Vergangenheit versetzt. Man hört förmlich das stete Hämmern und riecht fast die stickige und heiße Luft beim Erhitzen des Feuers. Bis auf den Amboss sind Esse, Blasebalg und Kohle-, Wasser- und Werkzeugbecken im Originalzustand geblieben.

Unter die Besucher mischte sich mit Karl Pfahls ein Gast aus Alsberg. Der konnte sich noch sehr genau an viele Erlebnisse in der alten Schmiede erinnern. Anfang der 50er Jahre war er dort nämlich als Lehrbub tätig. Beim Anblick der alten Gerätschaften kam er schnell ins Erzählen. Interessant waren seinerzeit vor allem die Reparaturen landwirtschaftlicher Geräte, angefangen bei Pflugscharen, Eggen, Hacken bis zur Wagenräderbereifung. Dabei war die Arbeit beileibe nicht ungefährlich, Verbrennungen seien oft vorgekommen. Doch gab es auch schöne Erlebnisse. Vor allem die zwanglosen Zusammenkünfte in der Schmiede waren bei den Handwerkern im Ort beliebt. „Am schönsten war es im Winter, wenn die Bauern kamen, um sich am Feuer zu wärmen, denn da wurde nicht nur das Eisen geschmiedet, sondern es wurden auch allerhand Sprüche geklopft“, ergänzte Johann Buio schmunzelnd, der ebenfalls das Schmiedehandwerk im Ort gelernt hatte. Beide Experten erinnerten sich an die vielen Pferde, die beschlagen wurden. Ja, da sei es tatsächlich einmal vorgekommen, dass ein Gaul beim Hufebeschlagen auf den Kopf gestellt wurde.

Die Schmiede, die von Karl Hohmann und anschließend von Edmund Hohmann betrieben wurde, hatte sich auf das Beschlagen von Pferden spezialisiert. Als schließlich die Traktoren deren Arbeit übernahmen, mussten sich viele Betriebe umstellen. Die Installation von Wasserleitungen und Dachrinnen oder das Herstellen von Balkongeländern gehörten nun vornehmlich zu ihren Aufgaben. Die alten Dorfschmieden verloren zunehmend an Bedeutung und wurden durch den Beruf des Metallbauers ersetzt.

Text und Fotos von Monika Fingerhut

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