2015_03_20 Prächtig amüsiert mit Dornrösschen und Erna

Karola Diestel vom Frankfurter Galli-Theater gastierte in der Kulturfabrik- Erzähltheater „Dornrösschen“ mit vielen jungen Akteuren auf der Bühne – Abendprogramm „Erna , frisch gemobbt, ist halb gewischt“ begeisterte mit gelungener Verwandlungsshow

Sie ist eine Meisterin der Improvisation und der Interaktion mit ihrem Publikum. Die Rede ist von Karola Diestel, die in der Kulturfabrik in Obernorf Jung und Alt mit ihrem beiden Programmen „Dornrösschen“ und „Erna, frisch gemobbt, ist halb gewischt“ bestens unterhielt.

Bereits zum zweiten Mal nach zwei Jahren war die Leiterin des Galli-Theaters Frankfurt in die Kleinkunstbühne „Die Fabrik“ nach Oberndorf gekommen. Doch alleine oben auf der Bühne agieren, ist „blöd“, ließ sie sogleich die Kinder wissen, die sich zum Nachmittagsprogramm eingefunden hatten. Drei  Gesetze galt es gleich zu Beginn noch zu klären: „Wenn ich rede , seid ihr leise. Wenn ihr redet , bin ich leise. Und wer entscheidet , wann was geschieht?“ Resolut , aber immer wieder charmant machte Diestel klar, wer die Frau im Ring ist. Dabei ließ sie auch die mitgekommenen Eltern nicht aus der Pflicht, sich gestisch wie stimmlich am Gesamtgeschehen zu beteiligen. Dies geschah immer wieder auf äußerst humorvolle Weise, so dass auch die „Großen“ im Publikum ihren Spaß an der Erzählstunde hatten. Mit viel Elan war vor allem der Nachwuchs in Aktion. Von der Aufforderung „Kommt auf die Bühne“ machten die jungen Akteure nur allzu gern Gebrauch. Das eigentliche Märchen erzählte sich ganz nebenbei und bot immer wieder Anlass zum munteren Bühnenspiel mit musikalischen Einlagen . Ganz turbulent ging es zu, als König und Königin, sprich die Eltern aus dem Haus waren. Da wurde eine Party mit viel Rock’n‘Roll atemlos durch die Nacht gefeiert und noch so allerhand Blödsinn getrieben. Auch die Schlüsselszene aus dem Märchen, als sich Dornrösschen an der Spindel stach und in Tiefschlaf fiel, wurde sehr authentisch nachgespielt. Natürlich gab es noch das ersehnte Happy-End. Bei dem mussten die jungen Prinzen ihren ganzen Mut zusammennehmen und durch eine grimmige Dornenhecke hindurch von Dornrösschen einen Kuss erbitten.

Mitspielen war beim Abendprogramm nicht angesagt, doch Erna Wüst , die unverwüstliche Putzfrau, ging allzu gern durch die Zuschauerreihen und parlierte auf schlagfertige Art und Weise mit ihren Gästen . Oben auf der Bühne schlüpfte sie schließlich in recht unterschiedliche Rollen. In einem Volkshochschulkurs, einem Schauspielworkshop, hatte sie die sieben Typen, die sieben Kellerkinder kennen gelernt. Die notwendigen Outfits waren auf der Bühne bereits drapiert und Erna konnte blitzschnell ihrer Verwandlungskunst frönen. Im aparten, roséfarbenen Morgenmantel und mit verwuschelten Haaren flätzte sie sich als Tranfunzel gähnend in den Stuhl. Als „Fetzer“ wusste sie in Mantafahrerattitüde das Publikum zu beschimpfen. In der Rolle des Lästermauls fühlte sie sich sichtlich wohl und platzierte ihren Lieblingsgssatz „Ham‘se schon gehört?“ wieder mitten ins Saalgeschehen . Extra aus Berlin angereist kam der Großprotz und sorgte ebenfalls für Erheiterung. So richtig mitfühlen ließ es sich beim Flittchen, das seinen eigenen „Feinkosttempel“ vor sich hertrug. Null Probleme mit ihren Problemzonen bewies Karola Diestel bei diesem Bühnenpart. Mit entsprechender Bauch- bzw. Brustatmung lasse sich schließlich so allerhand kaschieren. Außerdem komme eine zentral gelegte Problemzone nicht vom Essen. Nein, für mehr Fülle und Volumen, so steht es zumindest auf der Verpackung, sei nämlich das Shampoo, das beim Duschen am ganzen Körper herunter laufe , verantwortlich .Der Geizhals, das sechste Kellerkind, kann hingegen über gar nichts hinwegsehen oder gar lächeln. Ihm ist der ganze „Fun“ ziemlich suspekt. Mit sauertöpfischen Gesicht und zusammengekniffenem Allerwertesten lässt Diestel diesen widerwärtigen Zeitgenossen auf der Bühne seine Kreise ziehen. Als Schlusslicht zelebrierte sie schließlich den absoluten Jammerlappen, den „Binnix“ .Damit der Abend auch von Nachhaltigkeit geprägt war, stellte Diestel alle Kellerkinder auf Zuruf noch einmal vor. Immerhin könne man in realen Situationen sich eines davon als Beispiel nehmen. Ganz konkret wurde dies am Thema „Parkverbot“ und dem unweigerlichen Zusammentreffen mit einem Ordnungshüter aufgezeigt .Dass das Publikum am Ende etwas gelernt hatte, bewies der herzliche Applaus für die gelungene Verwandlungsshow der Frankfurter Künstlerin.

Text und Fotos von Monika Fingerhut

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