2015_04_22 Berühmte Vertreter Hessens in Oberndorf zu Gast

Büdinger Theatergruppe „Theodobo“ feierte mit „Struwwelpeter, Dichterfürst und Klappergass“ wortwitzige Premiere in der Fabrik – Fraa Rauschers hessische Sprachübungen überzeugten ob ihrer Vereinfachung - Struwwelpeters Wortspielereien erfreuten und verstörten zugleich – Geheimrat Goethe ging auf Tuchfühlung mit dem weiblichen Publikum

Berühmte Vertreter Hessens gastierten im Jubiläumsjahr der Theatergruppe Inkognito in der Kleikunstbühne „Die Fabrik“ .Die befreundeten Mimen von Theodobo (Theater ohne doppelten Boden) aus Büdingen feierten mit ihrem neuesten Programm „Struwwelpeter, Dichterfürst und Klappergass“ in Oberndorf Premiere. Präsentiert wurde ein bunter Reigen hessischer Wortkunst, gespickt mit viel Witz und wissenswerten Informationen über drei ausgewählte Frankfurter Stadtoriginale.
„Das Beste , was ein Apfel überhaupt werden kann , ist Äppelwoi! Pur versteht sich“ , insistierte die energisch daherkommende Fraa Rauscher (Sylvia Oster) gleich zu Beginn. Ihr attraktives Äußeres habe sie zudem dem süffigen Wundermittel zu verdanken und erinnerte an ihre Geschichte mit der berühmten Beule am Kopf. Das Publikum wusste sie mit Gesichtsmassagen zu „Bembel“ , „Äppelwoi“ und „Ribbelkuche“ geschmeidig auf den hessischen Abend einzustimmen. Mit ihrem Sprachkurs verdeutlichte sie zudem, wie viel man doch mit wenigen Worten auf Hessisch auszudrücken vermag. Die Vereinfachung der Sprache durch Weglassen einzelner Buchstaben, die Reduktion auf wesentliche Worte wurden mit der 3-Wort-Geschichte „uff-nuff-druff“ , der Kurzversion von Romeo-und-Julia aufgezeigt.
Ein gewichtiges Wort mitzureden hatte dabei der aus dem Kinderbuch entstiegene Struwwelpeter (Markus Karger). Mit seinen schonungslosen Blick auf die drastischen Inhalte des einst für Kinder geschriebenen Buches des berühmten Frankfurter Arztes und Psychiaters, Heinrich Hoffmann ließ er das Publikum nachdenklich zurück. Seine in Reimform vorgetragenen Verse auf die im Desaster endende gestörte Kinder- und Elternwelt wie seine gesanglichen Beiträge als Requiem für die bemitleidenswerten Figuren des Kinderbuches erzeugten Lacher und Betroffenheit zugleich. Einen gekonnten Angriff aufs Zwerchfell setzte er mit seinem Märchen vom Rotkäppchen , welches mit spontanen Stichworten des Publikums neu entstand .
Geheimrat Goethe (Gerd Ungermann), der schon früh aus seiner Geburtsstadt Frankfurt entfloh , philosophierte über so manch literarische Zeitgenossen und flirtete ausgiebig mit dem weiblichen Publikum . Die sprachliche Verhunzung seiner dichterischen Werke wie etwa den „Erlkönig“ fand er hingegen gar nicht lustig. Nach gut zweieinhalb Stunden goutierten die Gäste in Oberndorf das wortwitzige und bildungsreiche Premierenspiel der Theodobo-Akteure mit einem kräftigen, herzlichen Applaus .
Text und Fotos Von Monika Fingerhut

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