Erinnerungen einer alternden Diva

Berührendes Gastspiel von Brigitte Obermeier vom Theater Sommerhaus an der Kleinkunstbühne "Die Fabrik"

Stürmischer Beifall und stehende Ovationen waren der Lohn für die herausragende Leistung von Brigitte Obermeier, die in Oberndorf wieder einmal an der Kleinkunstbühne der Kulturfabrik gastierte. „Diven sterben einsam“, lautete das Motto des tragisch komischen Bühnenspiels, das sie im voll besetzten Theatersaal präsentierte.

Die brillante Schauspielerin und Gründerin des Theaters Sommerhaus aus Sommerhausen bei Würzburg schlüpfte dieses Mal in die Rolle der Jane Purcy Mulligan. Sie ist eine alternde Diva, die nicht glauben möchte, dass ihre Tage auf der Schauspielbühne gezählt sind. Das Solotheater der besonderen Art mit viel schwarzem Humor, großen Gefühlen und einem hohen Wiedererkennungswert fand nicht nur bei der Damenwelt, sondern auch beim männlichen Publikum großen Anklang.

Für Jane es an der Zeit, die Bühne zu verlassen. Die Künstlergarderobe in schummriger Beleuchtung mit einem Kleiderständer voller alter Kostüme gleicht ein wenig einer Rumpelkammer. Dort blickt die in die Jahre gekommene Schauspielerin mit Wehmut auf ihr Leben und ihre Karriere zurück. Sie zitiert Protagonistinnen von Schiller, Shakespeare und anderen Schriftstellern der großen Weltliteratur.

In ihrem Monolog sinniert sie knapp zwei Stunden lang über ihre Liebe zum Theaterspiel, die schon in der Kindheit spürbar war, sowie über die Angst vor dem Ende der Bühnenlaufbahn. In jungen Jahren hat sie nichts anbrennen lassen. Auf der Theaterbühne zu spielen, sei besser als Sex. „Wenn man Glück hat, spricht man noch nach Jahren darüber“, ist sie überzeugt.

Die Verbitterung ist groß. Am Anfang ihrer Karriere hat sie tolle Rollen gespielt, aber nur einmal das Gretchen in Faust. Sechsmal war sie hingegen eine der Hexen von Macbeth. Für die Rolle der Desdemona war sie schon mit 29 Jahren nicht mehr jung, schlank und blond genug. Dabei hat sie alles gegeben. „Fleiß und Talent haben mich zur Schauspielerin gemacht, nicht Vitamin B oder das Glück, zur richtigen Zeit am rechten Ort gewesen zu sein“, erinnert die alternde Diva. „Ich habe mich nie angebiedert“.

Jetzt war die Zeit gekommen, mit Regisseuren, Bühnenpartnern, den Männern und den Rivalinnen abzurechnen. Immer wieder ruft sie nach ihrer vertrauten Ansprechpartnerin und Ankleiderin Margret, die schon vor Jahren gestorben ist. Und manchmal hilft nur noch ein Glas Wodka.

Text und Foto von Birgit Sinsel

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