Vereinskultur in der alten Fabrik geht weiter

Energetische Sanierung sichert Zukunft der alten Fabrik - ehrenamtliche Unterstützung durch Vereine - Farben stellen Bezug zur Historie her

Die „Kulturfabrik“ im Ortsteil Oberndorf erstrahlt in neuem Glanz. Die Theatergruppe „Inkognito“ hat gemeinsam mit dem Narrenclub Oberndorf (NCO) mit nahezu 30 ehrenamtlichen Helfern bei der Sanierung der Außenfassade tatkräftig mitgewirkt.

„Wir sind sehr froh, dass wir das Gebäude jetzt weiterhin nutzen können und dass mit der Renovierung der Fabrik die Zukunft unserer ehrenamtlichen Vereinsarbeit gesichert ist“, äußert sich Lothar Fingerhut, Vorsitzender von „Inkognito“ zufrieden.

Bevor Kulturtreibende Vereine und die Kunst das Gebäude mit Leben füllten, machte es Oberndorf in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zum Industriestandort. Der Holzverkauf war sehr ertragreich, so dass es der damals noch eigenständigen Gemeinde Oberndorf möglich war, mit dem Erlös eine Fabrik zu bauen. Im Laufe der Zeit war sie Produktionsstätte für vielerlei Dinge. Zwei Jahre lang stellte eine Zigarrenfabrik Stumpen her und schuf erstmals Arbeitsplätze auch für Frauen aus ganz Jossgrund. Danach wurden in dem Gebäude Tuche gewebt. Von 1961 bis 1963 folgte die Herstellung der legendären Nicki-Pullis. 1964 ließ sich die Firma Triumph Adler in Oberndorf nieder und fertigte in Spitzenzeiten mit rund 80 Arbeitskräften Büromaschinenteile. Am Fließband wurden fast 20 Jahre lang die „Wagen“ für mechanische Schreibmaschinenteile hergestellt. 1982/83 wurde die Produktion eingestellt. Von 1984 bis 1988 diente das Gebäude der Gummifabrik Joh aus Gelnhausen. Nachdem das Haus leer stand, war es immer mehr dem Verfall preisgegeben.

Der damals amtierende Bürgermeister Robert Ruppel war es, der es 1994 der Theatergruppe „Inkognito“ zur Verfügung stellte. Der Verein war in Abstimmung mit der Gemeinde bemüht, das Industriedenkmal für die Zukunft zu erhalten. Die Theatergruppe nutze die Räume in der ersten Etage zunächst als Lager. In zahllosen ehrenamtlichen Arbeitsstunden bauten die Mitglieder zwischen 2001 und 2005 den Raum zur Kleinkunstbühne „Die Fabrik“ um. 99 Zuschauer haben dort Platz. Den Einzug des Narrenclubs hat Dr. Monika Fingerhut, Schauspielleiterin bei „Inkognito“ initiiert. „Die Zusammenarbeit der beiden Vereine funktioniert hervorragend“, betont Lothar Fingerhut. Die Karnevalisten nutzen das Dachgeschoss. Die Tanzgruppen des NCO und der „Pure Energy“ haben sich zudem im Erdgeschoss einen Proberaum, den sogenannten „Spiegelsaal“ eingerichtet. Das Atelier der Künstlerin INK Sonntag-Ramirez Ponce befindet sich ebenfalls im Erdgeschoss. Als Ergebnis der „Ideenschmiede Jossgrund“ wurde dort im Jahr 2014 auch die „Gut Stuwe“ eröffnet, die von mehreren Interessengruppen rege genutzt wird. Das Innere des Gebäudes war bereits in den letzten Jahren von den Nutzern auf Hochglanz gebracht worden.

Nach 65 Jahren war nun auch eine energetische Sanierung dringend notwendig geworden. Die Gemeinde Jossgrund ließ mithilfe von Landesmitteln das Dach sanieren und in der ersten Etage mehr als 30 Fenster erneuern. Zwei Fenster wurden bei der Sanierungsmaßnahme vergrößert. Die Jossgrunder Firma „Hochum und Abersfelder“ hat den Sockel erneuert und die Stromleitungen unter Putz gelegt. Beim Streichen der Außenfassade konnten die Nutzer zwischen zwei Farbkombinationen wählen. „Wir haben uns für die Farben Altweiß und Senfgelb entschieden, berichtet der Vereinschef von „Inkognito“. Die Farbtöne sollen einen Bezug zur Vergangenheit herstellen. Das sei Bedingung für die Förderung gewesen.

Text und Fotos von Birgit Sinsel

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